Gemeinsam voranschreiten: Gedanken von Stadtrat Dr. Peter Siemsen an Fronleichnam
#Haar, Landkreis #München, 19. Juni 2025
Alljährlich feiern Katholische Christen am 2. Donnerstag nach #Pfingsten #Fronleichnam. Der Name des Feiertags hat übrigens weder etwas mit #Fron, also Zwang zur #Arbeit, noch mit den Körpern von Verstorbenen zu tun, sondern leitet sich von den mittelhochdeutschen Begriffen »vron« (»was den Herrn betrifft«) und »licham (»der Leib«) ab. An einem der höchsten Feste des römisch katholischen Kirchenjahres bekunden Gläubige ihre Dankbarkeit für die leibliche Gegenwart Jesu in #Brot und #Wein. In Erinnerung an den Leib Christi finden an Fronleichnam nach dem Gottesdienst in vielen Städten und Gemeinden Prozessionen statt.
Als gewählter politischer Vertreter meiner Kommune stelle ich mir die Frage: Welche nicht religiösen Denkanstöße kann das Fronleichnamsfest an #Gesellschaft und #Politik geben? Prozession leitet sich vom lateinischen Wort »procedere«, zu Deutsch »voranschreiten«, ab. Voranschreiten ist auch für unser weltliches Gemeinwesen von essentieller Bedeutung. Über die Richtung finden in den politischen Gremien umfangreiche und kontroverse Debatten statt. Sehr viel wird dabei um das »Was« und das »Wie« diskutiert. Die Frage nach dem »Warum« bleibt dabei allzu häufig unausgesprochen. Doch wie gewinnt man Menschen für notwendige Veränderungen, wenn die »Sinn« Frage unbeantwortet bleibt, ja nicht einmal gestellt wird?
Ich denke, dass uns Fronleichnam auch außerhalb des römisch katholischen Glaubenskontextes einen wertvollen Hinweis für die Gestaltung gesellschaftspolitischer Veränderungen geben kann. Selbst wer zum ersten Mal und an einem fremden Ort an einer Fronleichnamsprozession teilnimmt, weiß bei aller Unsicherheit über den Ablauf und den genauen Weg (also das »Was« und das »Wie«), aus welchem Grund diese stattfindet. Das »Warum« markiert den Anfang und ist wesentliche Grundlage für das gemeinsame Voranschreiten. Auch beim Anstoßen und Umsetzen von Veränderungsprozessen in #Politik, #Wirtschaft und #Gesellschaft muss die Frage nach dem »Warum« stets zu Beginn gestellt und beantwortet werden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch gern von einer Vision, einem Zukunftsbild, Vorbild oder einer positiven Utopie. Hierzu am Anfang einen Konsens zu erzielen, ist zwingend notwendig, um Veränderungen wirksam und nachhaltig umzusetzen.
Eine Gruppe von Menschen mit unterschiedlichen Zielbildern schreitet nur mühsam voran. Fehlt die Gemeinsamkeit, entwickeln sich schnell Differenzen und der Fortschritt kommt ins Stocken. Der Weg zur Zielerreichung wird in Frage gestellt, Meinungsverschiedenheiten rücken in den Vordergrund. In dieser Phase offen erkennbarer Uneinigkeit haben Populisten leichtes Spiel. Sie erklären ihre persönlichen Ziele zum Gemeinwohl und nutzen dabei die Zerrissenheit und Unzufriedenheit in der Gesellschaft. Unter dem Vorwand, die Rechte des Individuums schützen und stärken zu wollen, verstärken sie den #Dissens und treiben die gesellschaftliche Spaltung voran. Bereits der griechische #Philosoph #Platon warnte vor dieser Gefahr, die aktuell omnipräsent in Erscheinung tritt.
Wer über #Gesellschaft, #Demokratie und #Freiheit nachdenkt, ist mit den Werken von #Aristoteles, Platon und #Cicero nicht schlechter beraten als mit der modernen Politikwissenschaft. Denn eine Handlungsmaxime gilt damals wie heute: Verantwortungsbewusste Politiker stellen das Gemeinwohl in das Zentrum ihres Handelns. Das ist das eigentliche »Warum«, um das es geht, so wie der Leib Christi an Fronleichnam.